Archiv für Mai 2011

Lima30. Mai 2011

Zwar war Lima der Ort, an dem ich vor fast exakt acht Monaten das erste Mal peruanischen Boden betrat als ich aus dem Flugzeug stieg. Dennoch kannte ich im Prinzip bis vor kurzem von der Stadt lediglich die Busterminals; sei es bei meiner Ankunft im September oder beiden Urlauben, ich war immer nur zur Durchreise dort gewesen. Am vergangenen Wochenende war es aber schließlich soweit: ich stieg am Freitag, 23:00 Uhr in den Nachtbus, um nach knappen acht Stunden Fahrt gen Süden zu einem zweitägigen Kurztrip in Lima anzukommen. Im Hostal eingecheckt und an einem typischen Frühstücksstand auf dem Markt bestens versorgt, machten wir wir uns dann mit der sog. Metropolitano auf in Richtung Stadtzentrum. Dabei handelt es sich eigentlich nur um einen normalen Linienbus mit eigener Fahrspur, Bussteigen mit Fahrkartenautomat etc. Da man ansonsten in Peru aber im Nahverkehr nur klapprige (Sammel)taxis und noch klapprigere Kleinbusse findet, war die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels auf europäischem Standard für mich auf einmal eine ganz ungewohnte Erfahrung.
Im Zentrum angekommen steuerten wir zunächst die Plaza de Armas (der Zentrale Platz jeder peruanischen Stadt) an, die von Kathedrale, Präsidentenpalast und Rathaus umgeben ist. Dannach gingen wir weiter zum Monasterio San Francisco, einem Kloster, in dem ich im Rahmen einer Führung zum ersten Mal in Peru eine Orgel erblickte (die aber anscheinend beschädigt ist und keine Verwendung mehr findet) und in dem ich eine unglaubliche Bibliothek wie aus dem Bilderbuch bestaunen konnte. Diese umfasst ca. 25 000 Texte, welche aber munter vor sich hin stauben (nix von wegen Konservierung oder so :-(). Außerdem befinden sich unterhalb des Monasterios auch Katakomben, die mit tausenden von Knochen gefüllt sind. Aus diesen wurden teilweise geometrische Figuren gelegt – für meinen Geschmack ein bisschen makaber.
Anschließend besuchten wir die etwas enttäuschenden Überreste der Stadtmauer Limas und kehrten pünktlich um zwölf Uhr mittags zum Präsidentenpalast zurück, um den dortigen Palastwächtern, deren Uniformen an die der französichen Fremdenlegion erinnert, bei ihrem alltäglichen Wachwechsel zuzusehen. Dieses wurde mit allerlei sehenswertem Herumgehampel zelebriert und zudem durch schwungvolle Marschmusik eines Marineorchesters begleitet, ist also schon ‘ne lustige Touriattraktion :-):
Am Nachmittag ging es dann munter mit Kultur weiter: Nächste Station war die Iglesia de Santo Domingo, eine Kirche in denen man die Schädel der Santa Rosa de Lima und von San Martín de Porres bestaunen kann, welche die beiden wichtigsten nationalen Heiligen sind. Schließlich besuchte ich noch die Iglesia de San Pedro, eine weitere Kirche, und das Pantéon de los Próceres, eine ehemalige Kirche, die sämtlichen peruanischen Kriegshelden gewidmet ist, von denen sich auch im Inneren Büsten befinden (für mich eine etwas seltsame Angelegenheit).

Der Hauptplatz Limas, im Hintergrund weiße Kolonialbauten

Die Plaza de Armas

Wachwechsel der Palastwächter vor der Kathedrale in Lima

Beim abendlichen Wachwechsel

Die Bibliothek des Monasterios San Francisco

Die Bibliothek des Monasterios San Francisco (by bitxi)

Am Abend suchten wir schließlich Miraflores auf, das Vergnügungsviertel, und dementsprechend war am Sonntag ausnahmsweise mal etwas länger schlafen angesagt. Um die Mittagszeit machten wir uns dann auf in die Gamarra, Perus größter Shoppingmeile, in der selbst ein bekennender Einkaufsmuffel wie ich fast dem Kaufrausch verfiel. Nach einem erneueter kurzen Aufenthalt im Zentrum und einer mehr als einstündigen (Irr)fahrt mit einem Kleinbus durch halb Lima (die Metropolitano hat tatsächlich Vorteile !:-)) zurück zum Hostal ins Viertel Barranco, besichtigten wir noch einmal kurz eben dieses, welches direkt am Meer gelegen ist. Dann ging es auch schon wieder mit dem Nachtbus zurück nach Chimbote.

Mein persönliches Fazit dieses Wochenendes: So häßlich, schrecklich, schlimm (setzt ein negatives Adjektiv eurer Wahl ein), wie immer alle sagen, ist Lima wirklich nicht; dafür aber verdammt groß (schließlich lebt auch knapp jeder dritte Peruaner hier).

Am Montag ging schließlich endlich mit der escuela de reforzamiento das Lentch-Nachmittagsprogramm wieder los und es macht mit den Kindern und Jugendlichen nach längerer Pause erneut echt Spaß. Ansonsten läuft alles wie gewohnt.

Viele Grüße

Joo

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Muttertag, Pachamanca und Pariacoto18. Mai 2011

Hallo alle zusammen,

hier gibt’s mal wieder das Neueste vom Neuesten von der Nordküste Perus ;-)

Muttertag

In Deutschland hätte ich dem Muttertag vermutlich keinen Eintrag im Blog gewidmet und auch als mich bereits Ende April so ziemlich jeder auf das bald bevorstehende Fest angesprochen hat, fand ich das anfangs relativ merkwürdig, da mir erst nach und nach klar wurde, welchen Stellenwert dieses in Peru hat. So werden etwa in den Schulen in jeder Klasse Geschenkkisten mit Lebensmitteln zusammengestellt, das gleiche geschah in unsere Pfarrei. Auch als America, meine Gastmutter, am Freitag vor dem Muttertag von der Arbeit nach Hause kam, brachte sie eine riesige Tonne mit Nudeln, Joghurt, Reis etc. mit sich. Dieses Jahr fiel außerdem Americas Geburtstag auf jenen Sonntag, zu dem sogar ihre Mutter aus der Heimat in den Anden gekommen war. Diese brachte Unmengen an Essbarem mit, von unglaublich leckerem süßem Gebäck und Humitas (Maiskuchen in Bananenblättern) über Kartoffeln bis hin zu Meerschweinchen, Schweine- und Rindfleisch – teilweise aus eigener Produktion, Americas Eltern besitzen nämlich einen kleinen Bauernhof. Hungern war also auch an den folgenden Tagen nicht angesagt ;-)
Als ich am Sonntagmorgen schließlich mit meinen Schwestern zum Geschenkekaufen im Zentrum war (ich musste mir dieses mal ausnahmsweise mal nicht! etwas auf den letzten Drücker organisieren :-)), war dieses so voll wie vermutlich sonst nur am Heiligabend. Am Nachmittag wurde dann nicht nur das Geburtstagskind, sondern alle anwesenden Mütter, also auch Großmutter, Tante und Schwägerin großzügig beschenkt.

Besuche bei den Lentch-Familien

Am Dienstag konnte ich schließlich einmal bei den Besuchen bei den Lentch-Familien zu Hause mit dabei sein. Wir besuchten zum einen Enoc und seine sechs Geschwister, außerdem lernte ich Luis Miguel kennen, der an AIDS erkrankt ist. Bei den Gesprächen erfuhr ich wieder einiges neues über die Situation der Familien und wurde etwa erneut mit der Tatsache konfrontiert, dass es für viele Kinder und Jugendliche selbstverständlich ist, eben nicht in den Schule, sondern arbeiten zu gehen. Für Mittwoch waren weitere Besuche geplant, allerdings hatte für diesen Tag die gesamte Region zum Streik aufgerufen und die Streikenden hatte mit Straßenblockaden & Co. fast das gesamte öffentliche Leben lahm gelegt; es fiel sogar die Schule aus und an eine Fortbewegung mit (öffentlichen) Verkehrsmitteln war nicht zu denken. Am Samstag konnten wir jedoch schließlich das Viertel San Pedro aufsuchen, und dort vier Familien einen gespendeten Gasherd überreichen. Ein großer Teil der Bevölkerung kocht hier noch über dem offenen Feuer mit Holz, der Rest kocht mit Gas. Elektroherde sind – meines Wissens nach – quasi nicht vorhanden, vermutlich auch, weil die Stromversorgung nicht unbedingt die zuverlässigste ist. So fällt der Strom aus verschiedensten Gründen gelegentlich mal für ein paar Stunden aus, seltener auch mal länger; in unserer Familie war beispielsweise vor ein paar Monaten mal eine Zeit lang der Strom weg, weil jemand auf der Straße die öffentliche Stomleitung geklaut hatte :-).

Übergabe eines Gasherdes

Bei der Übergabe eines Gasherdes

Pachamanca

Am Samstag lernte ich außerdem wieder einmal etwas neues aus der peruanischen Küche kennen. Im casa paz y bien bereiteten wir nämlich ein Pachamanca, ein typisch peruanisches Gericht aus dem Erdofen zu.  Hierfür buddelten wir zunächst ein kleineres Loch und gaben in dieses größere Steine, die durch ein Feuer erhitzt wurden. Schließlich wurde die Glut entfernt, zu den glühenden Steinen Schweine- und Lammfleisch (in Bananenblätter eingewickelt), Camote (Süßkartoffeln), Mais und Bohnen gegeben und das ganze zunächst mit Bananenblättern, dannach mit Erde bedeckt. Nach etwa einer Stunde wurde wieder alles ausgegraben und wir konnten uns ein sehr leckeres und umfangreiches Mittagessen einverleiben :-)

Ein Erdofen bestehen aus einem Loch im Boden

Der Erdofen

Vier große Wannen mit Fleisch, Camote, Maiskolben und Bohnen gefüllt

Fleisch, Camote, Maiskolben und Bohnen

Drei Personen beim Essen von Pachamanca

Lecker, lecker... :-)

Pariacoto

Am Sonntag stand schließlich kleinerer Ausflug auf dem Programm: Piter, mein “Chef” im casa paz y bien kommt ursprünglich aus Pariacoto, einem kleinen Dorf im Gebirge nicht allzuweit von Chimbote entfernt, und nahm mich mit zu einem Besuch in seiner Heimat. Nach einem Aufbruch in aller Herrgottsfrühe um fünf Uhr in Chimbote, knapp 1,5 Stunden Fahrt und einem typischen Frühstück bestehend aus caldo de cabeza (Schafskopfsuppe) kamen wir schließlich in Pariacoto an und erklommen zunächst einen der 42 Hügel, die ringsherum zu finden sind. Vom Gipfel hatte man eine tolle Aussicht auf die gesamte Umgebung und Piter zeigte mir etwa die Überreste des alten Pariacoto. Das Dorf wurde nämlich 1970 bei einem Erdbeben quasi vollständig zerstört und deswegen ein paar Kilometer entfernt wieder komplett neu aufgebaut. Nach dem Abstieg schauten wir zunächt einmal kurz bei Piters Eltern vorbei, ernteten in deren Garten ein paar Orangen und Avocados und statteten schließlich noch ein paar Freunden und Verwandten einen kleinen Besuch ab. Am Nachmittag fuhren wir schließlich zum Baden an den nahe gelegenen Fluß, der zu meinem Erstaunen sehr sauber und (zumidest sichtbar) nicht verschmutzt war, wie es hier leider häufig mit der Natur der Fall ist. Er war zwar nicht sehr breit und an der tiefsten Stelle vielleicht gerade mal einen Meter tief, aber für eine kleine Abkühlung genau richtig, wenn auch die Strömung teilweise gar nicht so ohne war.
Ein richtiges Highlight war dann schließlich noch einmal der Besuch im Fussballstadion (Der Titel estadio wird in Peru sehr schnell vergeben :-)), welches zwar keinen einzigen Grashalm zu bieten hat, dafür aber um so mehr Staub und Steine. Wir hatten hierbei das Glück, dass wir zum Finale der örtlichen Dorfmeisterschaft gekommen waren; Pariacoto besitzt bei seinen knapp 1500 Einwohnern nämlich ganze acht(!) Fussballmannschaften. Nachdem das Centro hierbei früh in Führung gegangen war und lange Zeit das Spiel dominierte, wurde es nach dem überraschenden Ausgleich durch Alianza noch einmal richtig eng und bei einem Spieler von Alianza versagten gegen Schluss wohl ein bisschen die Nerven, als er nach wiederholtem Foulspiel und vielen Ermahnungen des Schiedsrichters schließlich mit gelb-rot vom Platz flog und grinsend das Spielfeld verließ. Am Ende sicherte sich dann doch das Centro aufgrund des besseren Torverhältnises den Meistertitel und darf Pariacoto nun auf der nächsten Ebene gegen die Sieger der anderen championatos muncipales vertreten. Nach einem Abendessen und ca. 1300 Höhenmeter Fahrt bergabwärts kehrten wir schließlich wieder nach Chimbote zurück.

Blick auf Paricacoto, ein kleines Dorf von Bergen umgeben

Blick über Pariacoto

Der Hauptplatz Pariacotos mit einem Brunnen, im Hintergrund das Rathaus

Die Plaza de Armas (Hauptplatz im Zentrum)

Joo im Fluss badend

Beim Baden im Fluss

Ein einfacher Fusballplatz ohne Rasen

Das Stadion

Das waren jetzt ermal wieder die novedades. Macht’s gut

Joo

 

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Das neue Lentch-Video11. Mai 2011

Hola Amigos,

ihr werdet ja längst aus sämtlichen Medien erfahren haben, dass vor kurzem die zweite Lentch-DVD mit einer echten Star-Besetzung veröffentlicht wurde ;-). Auch ich durfte an ein paar Stellen eine kleine Statistenrolle übernehmen. Einiges über Lentch habt ihr ja schon im Blog über Lentch lesen können, aber mal etwas in bewegten Bildern live und in Farbe sehen zu können ist bestimmt auch ganz nett.

Nach scheinbar erfolgreichem Kampf mit der Technik ist es mir gelungen, das Video direkt im Blog einzubinden. Da ich aber zugegebenermaßen kein wirklicher Flash-Experte bin, könnt ihr das Video falls es Probleme gibt auch direkt hier als MPEG-Datei (36MB) herunterladen.

Viel Spaß beim Anschauen

Joo

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Ostern in Chimbote05. Mai 2011

Hallo zusammen,

zwar sind seit Ostern auch schon wieder ein paar Tage vergangen, dennoch möchte ich euch im Folgenden kurz schildern, wie wir dieses Fest hier in Peru begangen haben.

Auftakt der semana santa, wie die Karwoche im Spanischen genannt wird, war am Samstag vor Ostern der (Jugend)kreuzweg der Diözese. Hierbei ging es mit vielleicht 1000 Leuten in einem zweistündigen Marsch den cerro de la juventud hinauf, einen doch etwas größeren Hügel vor den Toren Chimbotes, und ich konnte oben angekommen zum ersten Mal die tolle Aussicht von dort auf die ganze Stadt bestaunen. Der Kreuzweg, zu dem wir schon um 5:30 Uhr morgens aufgebrochen waren, da wir vom Casa Paz y Bien die Beschallung auf dem Weg übernommen hatten, stand diese Jahr unter dem Motto “Der Terrorismus von heute nennt sich Korruption” fand seinen Abschluss bei einem Gottesdienst in der Kirche, die sich auf dem Hügel befindet.
Der Gründonnerstag hat in Peru eine deutlich größere Bedeutung als in Deutschland und ist Feiertag. Ab diesem Tag wurde auch wirklich sehr großer Wert darauf gelegt, kein Fleisch mehr zu essen und der feierliche Gottesdienst am Abend stand ganz im Zeichen des letzten Abendmahls. Am Karfreitag gab es erneut einen Kreuzweg, bei dem unter anderen an jeder Station von einer Theatergruppe auf vielleicht etwas drastische Weise die Passion inszeniert wurde.
Ihren Höhepunkt fanden die Osterfeierlichkeiten schließlich am Samstag in einer laaange Osternacht, für die Osterwache im Anschluss an den Gottesdienst wurde sogar ein Schaf aus dem Casa Paz y Bien geschlachtet. An dieser konnten wir aber nicht teilnehmen, da wir zum 18. Geburtstag meiner beiden Zwillings-Cousins eingeladen waren, welcher hier sehr groß gefeiert wird. Am Sonntag war schließlich im Prinzip normal Gottesdienst und montags war wieder arbeiten angesagt.
Traditionen, wie etwa Ostereier zu bemalen und zu verstecken oder Plätzchen zu backen sind mir leider nicht über den Weg gelaufen.

Meine Arbeit spielt sich zur Zeit hauptsächlich im Casa Paz y Bien, da bei Lentch während meines Urlaubs sämtliche Überdachungen im Außenbereich eingestürzt sind und aktuell kein Nachmittagsprogramm stattfinden kann, weil auf dem kompletten Gelände mal wieder Baustelle ist, um die Dächer zu richten. Bis zum Sonntag soll allerdings alles fertig sein, um mit den Kindern und ihren Familien Muttertag feiern zu können. Anschließend soll das Nachmittagsprogramm auch erneut anlaufen.

Viele Grüße aus Chimbote

Joo

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Inka-Ruinen und Lamaföten02. Mai 2011

Hallo liebe Blogleser, nach längerer Pause gibt’s wieder mal etwas neues aus dem Reich der Lamas zu lesen. Dass seit dem letzten Eintrag fast sieben Wochen vergangen sind, liegt schlicht und ergreifend daran, dass ich zum einen im März einmal einen Urlaub von letztendlich drei Wochen eingelegt habe und zum anderen seit meiner Rückkehr bisher einfach keine Zeit gefunden hatte, einen neuen Artikel zu verfassen. Im folgenden könnt ihr aber nun etwas über meinen Urlaub im östlichen Hochland Perus und Bolivien erfahren.

Cusco und Machu Picchu

Erste Station der Reise war Cusco (3416 m), die ehemalige Hauptstadt der Inkas, der angebliche Nabel der Welt und auch heutzutage noch größtes Touristenzentrum Perus. Dass die Fahrt über die Anden dorthin wohl vielleicht nicht unbedingt angenehm werden würde, hatte ich vorher schon befürchtet, dass aus den veranschlagten 20 Stunden Busfahrt von Lima aus aber schließlich 28 Stunden werden wurden, war aber nicht eingeplant. Zum einen gab unser erster, noch einigermaßen bequemer Bus nach wenigen Stunden Fahrt seinen Geist auf und wir durften den Rest der Strecke in einem Ersatzgefährt mit Beinfreiheit auf Käfighennenniveau zurücklegen. Zudem waren wir gerade zur Anden-Erdrutschsaison unterwegs und wurden durch einen Stau aufgehalten, der entstanden war, weil die Polizei an einer Stelle immer nur wenige Fahrzeuge durch eine Gefahrenstelle heizen ließ, dann die nächste Geröllawine nach unten kam, anschließend die Straße wieder freigeräumt werden musste und das ganze Spiel von vorne begann.

In Cusco schließlich doch angekommen, fielen wir, nachdem ein Hostal gefunden worden war, einfach nur ins Bett. Am nächsten Tag offenbarte sich die Stadt dann aber bei einem Rundgang in ihrer ganzen Schönheit. Faszinierend fand ich, wie hier Hinterlassenschaften der Inka-Kultur und der spanischen Kolonialzeit miteinander verschmolzen sind. Paradebeispiel ist hier etwa Qorikancha, ein ehemaliger Inka-Tempel, der von den spanischen Eroberern dem Dominikanerorden vermacht worde, welche ihn in ein Kloster umfunktionierten. Auf jeden Fall zählt für mich Cusco zu den schönsten Städten Perus (wenn auch der Fischgeruch Chimbotes natürlich unerreichbar ist ;-)).

Am nächsten Tag begaben wir uns dann in Richtung Machu Picchu, nahmen hierzu aber nicht wie üblich den Zug (eine Straße gibt es nicht), sondern legten den Weg im Rahmen einer Multisport-Tour zurück. Zwar fuhren wir das erste Stück noch in einem Auto, dann sattelten wir aber im wahrsten Sinne des Wortes aufs Mountainbike um, um von bitterkalten und regnerischen 4000 Metern auf sonnige 1500 Meter hinunterzubrettern. Im Tal angekommen, stiegen wir wieder ins Auto, die anschließende Fahrt verlief allerdings aufgrund von Schlammlöchern und Steinschlag auch nicht unbedingt reibungslos. Das letzte Stück mussten wir schließlich zu Fuß der Bahntrasse entlang zurücklegen, es gibt wie gesagt keine Straße, und dabei aufpassen, nicht vom entgegenkommenden Zug übefahren zu werden. Aufgrund der beschriebenen Verzögerungen war es außerdem in der Zwischenzeit stockfinster geworden.

Am Folgetag konnten wir dann schließlich, nachdem wir in aller Herrgottsfrühe aufgestanden waren, die Ruinen des weltberühmten Machu Picchu bestaunen. Die Stadt ist echt noch richtig gut erhalten und wirklich interresant. Außerdem erklimmten wir die beiden umliegenden Berge Cerro Machu Picchu und Huayna Picchu, von denen man nach einer wirklich anstrengenden und nicht immer ungefährlichen Kletterpartie eine wahnsinnig tolle Aussicht über die gesamte Anlage hat.

Nach der Rückfahrt nach Cusco, wo wir einen weiteren Tag verbrachten (unter anderem im dortigen Schokoladenmuseum) ging es weiter zur nächsten Station in Richtung Süden.

Eine kleine Gasse in Cusco

Eine kleine Gasse in Cusco

Blick über Machu Picchu

Machu Picchu

Joo im Vordergrund, im Hintergrund Blick über Machu Picchu

Das typische Touri-Foto

Arequipa und der Cañon de Colca

Arequipa (2300 m), nächster Stopp der Reise, wird wegen seiner vielen Kolonialbauten aus weißem Vulkangestein auch “weiße Stadt” genannt und ist auch nicht unbedingt der hässlichste Fleck Perus. Erwähnenswert ist hier auf jeden Fall der Besuch des Monasterios Santa Catalina, einem gigantischen Kloster, in dem lange Zeit die Töchter spanischer Adeliger als Nonnen, völlig von der Außenwelt isoliert, ein Leben in Saus und Braus verbrachten. Highlight war aber zweifellos unsere dreitägige Wanderung durch den in der Nähe gelegenen Cañon de Colca, den zweittiefsten Canyon der Welt  – der tiefste liegt gleich daneben; der Grand Canyon ist dagegen wirklich Kindergarten. Dort konnten wir zu Beginn riesige Kondore beobachten, aßen Alpakafleisch (eine Unterart der Lamas) und legten am letzten Tag einen Aufstieg von läppischen 1300 Höhenmetern zurecht, wozu wir schon vor Sonnenaufgang aufgebrachen, um die Mittagssonne zu vermeiden.

Ein Gang im Monasterio Santa Catalina

Monasterio Santa Catalina

Joo im Cañon de Colca

Im Cañon de Colca

Wanderweg über eine Brücke im Cañon de Colca

Unser Weg durch den Cañon

Puno und der peruanische Teil des Titicaca-Sees

Nun fuhren wir weiter an den Titicaca-See, der zum einen mit seiner Lage auf 3810 Metern der höchstgelegenste schiffbare Binnensee der Welt ist und mit seiner Fläche von 8288 Quadratkilometern etwa 15 Mal so groß ist wie der Bodensee. Zunächst besuchten wir die am Ufer gelegene Stadt Puno, von wo wir anschließend eine Tour zu den im See gelegenen Inseln unternahmen. Von den künstlich aus Schilf gebauten, schwimmenden Uros-Inseln, die immerzu erneuert werden müssen, weil der untere Teil der Inseln wegfault, haben einige von euch vielleicht schon einmal gehört. Ich fand das, was dort für die Touristen abgezogen wurde aber einfach nur gräßlich. Zu Beginn wurde man zwar noch mit einem herzlichen “Kamisaraki” in Aymara, der Sprache der Einheimischen, begrüßt und es wurde das System erklärt, nach dem die Inseln gebaut werden. Anschließend wurde aber ein einzies Spektakel abgespielt und man wurde einzig als laufendes Sparschwein angesehen. Dies ist zum einen natürlich richtig, da die Inselbewohner vollkommen vom Tourismus abhängig sind, aber die Art und Weise, wie selbst schon die vierjährigen Kinder mit ausgestreckter Hand nach Geld oder Süßigkeiten bettelnoder man mit einem traditionellen “Hasta la vista baby” verabschiedet wurde, war einfach nur grauenhaft.

Dass Tourismus auch anders funktioniert zeigte der anschließende Besuch der Insel Amantaní. Dort werden die Besucher nach einem festen Rotationssystem den Familien, die auf der Insel wohnen, zugeteilt. Auch wir übernachteten bei einer sehr netten Gastfamilie, die uns die sehr schöne Insel zeigten und mit der wir über dem offenen Feuer Quinoa-Suppe (ein Getreide der Anden) zubereiteten. Auch auf der Insel Taquile, die wir am Folgetag ansteuerten, waren die Bewohner eher zurückhaltend und leben noch auf sehr traditionelle Weise (und dies nicht zur Touri-Show). Interresant waren auch die dortigen Trachten, bei denen die Farbe der selbstgestrickten Wollmützen, die alle Männer tragen, signalisiert, ob der Träger bereits verheiratet oder noch zu vergeben ist.

Blick über Puno, im Hintergrund er Titicaca-See

Puno

Ein Modell der Uros-Inseln aus echtem Schilfmaterial

Modell der Uros-Inseln

Blick über die Insel Taquile

Taquile

Die Isla del Sol

Nachdem wir dann auf dem Landweg Peru in Richtung Bolivien verlassen hatten ,fuhren wir schließlich in den Norden der Isla del Sol (Sonneninsel), auf der der Sage nach der erste Inka erschaffen wurde und die bei den Inkas als heiliger Ort galt. Dort trafen wir einen lustigen Haufen, bestehend aus einer Schweizerin, einem Franzosen und einem Argentinier, mit dem wir zunächst einen Gipfel der Insel erklimmten und anschließend einen munteren Abend bei einem Kartenspiel mit dem klingenden Namen “Shithead” verbrachten. Am nächsten Tag wanderten wir schließlich in den Süden der Insel, vorbei an einigen Inka-Ruinen, von denen wir aber bestimmt 90% übersahen, weil sie einfach zu unscheinbar waren.

Joo im Vordergrund, im Hintergrund Blick über die Isla del Sol

Auf einem der Gipfel der Isla del Sol

Opfertisch der Inka aus einer Steinplatte

Opfertisch der Inka auf der Isla del Sol

La Paz

Letzte Station der Reise war schließlich La Paz, der Regierungssitz Boliviens. Hier versuchten wir unter anderem vergeblich, in das San Pedro-Gefängnis zu kommen, ein riesiger Komplex, der sogar eigene Geschäfte besitzt. Dort können die wohlhabenden Insassen sich sogar eigene Häußer kaufen und zusammen mit ihren Familien ein relativ entspanntes Leben führen können, die Gefangenen werden zum Größten Teil sich selbst überlassen. Wärter gibt es nur am Eingang. Leider der Zugang für Touristen seit ein paar Jahren offiziell verboten, und wir legten wohl zu wenig korrupte Energie an den Tag, um ins Innere zu gelangen. Zu sehen gab es außerdem etwa noch das nationale Kunstmuseum oder den Hexenmarkt, auf dem man alle möglichen Wundermittelchen kaufen kann, unter anderem auch tote Lamaföten. Diese kann man entweder direkt einem Gott seiner Wahl opfern, oder man zementiert sie als Glücksbringer in die Wände seines Eigenheims ein.

Nach zwei Tagen La Paz waren dann auch auch schon die drei Wochen Urlaub zu Ende und ich verbrachte lediglich 35 Stunden im Bus (womit ich es in den drei Wochen auf knapp 85 Busstunden gebracht habe), um wieder zurück nach Chimbote zu gelangen. An der peruanischen Grenze musste ich zwar kurz mit dem dortigen Grenzbeamten diskutieren, der mir zunächst kein weiteres Visum für ein halbes Jahr ausstellen wollte, letztendlich trug er mir aber doch wortlos und etwas entnervt 183 Tage in meinen Pass ein.

Nun bin ich wieder zurück in Chimbote und sende euch von dort viele Grüße

Joo

PS: In der Galerie gibt’s noch mehr Fotos von der Reise.

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