Mit ‘Armut’ getaggte Artikel

Adventsblog III13. Dezember 2010

Für drei Familien, deren Kinder lentch besuchen, gab es bereits diese Woche ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk. Nachdem vergangenes Wochenende die Holzhäuser aus Lima geliefert wurden, konnten wir mit der Montage beginnen und auf den ersten Grundstücken stehen nun die Häuser auf einem festen Betonboden.

Im Zuge dessen lernte ich auch den ärmeren Teil der Stadt kennen, in dem die meisten der Kinder aus dem lentch-Programm zu Hause sind. Ich selbst habe ja das Glück, im Viertel “2 de Mayo” zu wohnen, wo die Gebäude allesamt aus Stein sind und es sich recht gut leben lässt. Der “Cerro San Pedro” befindet sich dagegen auf einem Hügel am Stadtrand, der an sich gar kein Wohngebiet war. Vielmehr haben die Menschen, die vom Land in die Stadt gezogen sind, dort einfach, wo halt gerade Platz war, eine Stelle in Besitz genommen und sich mit Hilfe von Strohmatten einfache Unterkünfte errichtet.

All dies zum ersten Mal zu sehen, war ziemlich eigenartig. Für mich ist es einfach unvorstellbar, wie eine Mutter mit ihren sieben Kindern so auf 20 Quadratmetern leben kann. Eine andere Familie nutzte bisher einen Teppich als “Haustüre”. Um so mehr freuen sich die Kinder nun, ein festes Haus zu haben. Die Vergabe dieser war allerdings auch an einige Bedingungen geknüpft: So mussten die Eltern versprechen, dass sie ihre Kinder nicht mehr zum Arbeiten schicken und in Zukunft darauf achten, dass diese jeden Tag die staatliche Schule besuchen und regelmäßig am lentch-Programm teilnehmen.

Während unserer Arbeiten zogen wir auch die Aufmerksamkeit einiger Nachbarn auf uns, die sich verständlicherweise Hoffnungen auf ein besseres Heim gemacht hatten und sich nach dem Projekt erkundigten. Wir mussten sie leider vertrösten, dass wir mit den betroffenen Familien schon lange zusammenarbeiten und die Aktion seit über einem Jahr geplant war. Natürlich kann man nicht allen auf einmal helfen, aber es ist schon ein bisschen traurig, diese Menschen enttäuschen zu müssen, die wirklich kein würdiges Leben führen können.

Mit der lentch-Nachmittagsbetreuung haben wir uns bereits in die Sommerferien verabschiedet, am Freitag erhielt jedes Kind zum Abschluss ein Zertifikat und die beiden fleißigsten und zuverlässigsten zudem zur Belohnung einen Rucksack. Kommenden Samstag gibt es schließlich noch eine Weihnachstfeier für alle Kinder. Im Januar öffnet dann die Sommerschule wieder ihre Pforten. Dort können die Kinder während der Schulferien Stoff aufarbeiten, da sie zum Teil in der Schule weit zurückliegen. So haben wir beispielsweise einen Zwölfjährigen, der noch immer die zweite Klasse der Grundschule besucht und noch nicht richtig lesen kann.

Euch wünsche ich weiterhin ein besinnliche und nicht zu hektische Adventszeit.

Saludos

Joo

Kinderarbeit bis Mitternacht08. Oktober 2010

Gestern abend hatte ich zum ersten Mal richtig Kontakt mit Straßenkindern. Kinder, die wirlich auf der Straße leben, gibt es hier zwar keine oder wirklich nur sehr wenige; dafür viele, deren Leben sich fast ausschließlich auf der Straße abspielt. Dort verkaufen sie Süßigkeiten, singen, waschen Autos usw. um Geld für ihre Familie zu verdienen.

Gegen 20:00 Uhr fuhr ich mit P. Miguel zum Busterminal, um einen Freund, der mit dem Bus aus Lima kam, abzuholen. Während wir dort warteten, kamen zwei Mädchen auf uns zu, die Milchreis verkauften. Auf die Frage, wo denn ihre Mutter sie, antworteten sie: Zu Hause. Die beiden waren, wie wir erfuhren, gerade einmal zehn und elf Jahre alt und arbeiten sechs mal in der Woche von 14:00 Uhr bis Mitternacht. “Freiwillig”, wie sie sagten.

Etwas positiveres konnten sie uns aber auch mitteilen: Sie gingen noch in die Schule und bekämen immer ein Mittagessen.

P. Miguel sagte, er fände es überhaupt nicht gut, wenn Kinder arbeiteten. In Deutschland, wo wir herkämen, wäre so etwas unvorstellbar. In Peru sie dies ebenfalls nicht erlaubt. Er erzählte den Mädchen ebenfalls von “luz y esperanza para los niños trabajadatores de Chimbote” – lentch. Drei mal in der Woche gäbe es dort Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung. Außerdem lud er sie zu den lentch-Treffen samstags im Zentrum ein. Die beiden bedanken sich und zogen weiter.

Wenn man so eine Geschichte hautnah anhören muss, ist man natürlich zunächst ziemlich geschockt. Leider Gottes ist so etwas hier aber traurige Normalität und diese Begegnung wird wohl nicht die einzige ihrer Art bleiben. Immerhin können wir mit lentch einigen Kindern helfen. Demnächst sollen wieder ein paar Familien eine Holzhütte bekommen. Bisher leben sie in Strohhütten, haben weder Bett noch Haustüre.

Auf diese Weise merkt man einmal, wie gut es einem geht, und lernt, dankbar zu sein.

Viele Grüße

Joo