Archiv für Januar 2011

Aligatorbraten und rosa Delfine10. Januar 2011

Hallo und euch allen erst mal ein gutes neues Jahr 2011!

Am Mittwoch bin ich von meiner Urwaldtour zurückgekommen und hab jetzt mal ein bisschen Zeit, ein bisschen was darüber zu schreiben.

Am ersten Weihnachstfeiertag sind wir zunächst zu dritt um Mitternacht in Chimbote aufgebrochen und über Lima und Huanuco, wo wir unsere Reisegruppe mit drei weiteren deutschen Freiwilligen komplettiert haben, nach Pucallpa gefahren. Zwar reduzierte sich aufgrund des extremen Höhenunterschiedes von fast 5000 Metern zeitweise mein Hörvermögen quasi auf null und auch als das Infodisplay im Bus während der halsbrecherischen Abfahrten fast 150 km/h anzeigte, war einem etwas mulmig zumute, abgesehen davon war die zweitägige Fahrt aber eigentlich ganz angenehm und die Landschaft echt herrlich. Zudem konnte ich – wenn auch nur vom Busfenster aus – endlich meine ersten “richtigen” peruanischen Lamas erblicken.

In Pucallpa angekommen, trafen wir uns am folgenden Tag mit unserem Führer Gilber, um unsere dreitägige Tour durch den Dschungel zu planen. Dieser ludt uns prompt zu sich nach Hause in sein Dorf ein, das  inmitten der Lagune von Yarinacocha auf einer Insel gelegen ist. Dort gab es zunächst einmal ein liebevoll angerichtetes Mittagessen: Aligator auf Reis, Kartoffeln und Tomaten; wirklich lecker! Nach einer Übernachtung in einer Hütte mit echtem Tropen-Feeling brachen wir am nächsten Tag schließlich zu unserer Bootstour auf, wo wir den Rio Ucayali, Hauptarm des späteren Amazonas, und dessen Nebenkanäle hinunterschipperten. Unterwegs gab es echt unglaublich viel zu sehen: Baumriesen,  Faultiere, rosa Flussdelfine (kein Scherz!), Schmetterlinge und eine Vielzahl von Vögeln. Als uns unser Führer schließlich unterwegs fragte, ob wir bei der Hitze nicht baden wollten, fragten wir zunächst etwas unsicher, ob es im Wasser denn keine Piranhas oder Aligatoren gäbe. Gilber konnte uns aber beruhigen: “Selbstverständlich gibt’s diese niedlichen Tiere hier!” Er versicherte uns aber, dass diese kein Problem darstellten, solange sie nicht durch Blut angelockt werden. Außerdem sollte man aufgrund des Candiru-Fisches zudem auf das Wasserlassen während des Badevorgangs verzichten, dann sei das Baden völlig ungefährlich. Nach diesen unglaublich beruhigenden Sicherheitshinweisen stürzten wir uns schließlich doch ins kühlende Nass, wenn auch etwas zögerlich.

Über Nacht blieben wir jeweils in Callería, einem Dorf der Shipibo-Indianer. Diese Communidad liegt zwar irgenwo mitten im Nichts, acht Bootsstunden von Pucallpa entfernt, dennoch gibt’s in einigen Häusern elektrischen Strom (durch Solarzellen erzeugt) und auch ansonsten macht alles einen recht zivilisierten Eindruck. Als wir ankamen, kam zwar erst mal das halbe Dorf zusammen und seine Stickereien etc. anzupreisen, später machten alle aber einen recht normalen Eindruck und ein Dorfbewohner berichtete uns über sein Projekt, in dem nachhaltige Forstwirschaft betrieben wird.

Während unserer Expedition standen außerdem noch eine kurze Wanderung, bei der wir halb von den Moskitos aufgefressen worden, eine nächtliche Aligator-Expedition, Piranha-Fischen und Lianenschaukeln auf dem Programm.

Nach unserer Dschungeltour verbrachten wir noch ein paar Tage in Pucallpa, wo wir auch in das neue Jahr hineinfeierten. Dort gab es unter anderem den Hafen zu sehen, in dem die großen Flussdampfer in Richtung Iquitos aufbrechen. Diese Stadt, mitten im Urwald gelegen, ist ausschließlich per Schiff über den Amazonas oder auf dem Luftweg zu erreichen. Daher werden sämtliche Güter des täglichen Bedarfs dorthin verschifft, vom Abwasserrohr bis zum Plastikteller.

Da es neben dem Parque Natural, einem Zoo, aber nicht mehr so arg viel zu sehen gab, brachen wir in Pucallpa dann einen Tag früher als geplant auf, um auf der Rückreise noch einen eintägigen Zwischenstopp in Tingo María einzulegen, einer etwas kleineren Stadt im Urwald. Dort feierten wir in meinen Geburtstag rein und unternahmen am folgenden Tag eine Wasserfall-Wanderung. Zwar kamen wir nach drei Stunden Kletterei durch den Gebirgsfluss bis auf die Knochen durchnässt oben an, dort wurden wir aber mit einem herrlichen Bad unterhalb eines gigantischen Wasserfalls belohnt, der eine Art Schwimmbecken ausgehöhlt hatte.

Während der Rückfahrt standen wir dann in Huanuco plötzlich vor dem Problem, dass sämtliche Busgesellschaften, die nach Lima fahren, bis auf den letzten Platz ausgebucht waren. Da der Rest unserer Reisegruppe aber am nächsten Tag zu seinem weltwärts-Zwischenseminar in Lima ein musste, blieb uns nichts anderes übrig, als uns ein Taxi zu suchen. Während der Fahrt durch die Anden mit offenem Fenster wären wir zwar halb erfroren und sieben Stunden zu sechst (+ Fahrer + Gepäck) im wahrscheinlich kleinsten Taxi ganz Huanucos sind auch nicht unbedingt sehr bequem, letztendlich kamen wir aber doch lebend in Lima an.

Wieder zu Hause in Chimbote angekommen, wurde ich von meiner Familie erst einmal mit einer Geburtstagstorte empfangen. Am gestrigen Sonntag gab es im Lentch-Kreis schließlich noch eine kleine Feier mit zwei weiteren Leuten, die am 2. und 3. Januar Geburtstag hatten.

So viel erst mal von meinem Urlaub und den letzten Tagen in Chimbote. Zur Zeit sind wir im casa lentch u.a. damit beschäftigt, vier Klassenzimmer für die Sommerschule zu errichten.

Viele Grüße

Joo